Als Netzwerk aus diversen soziokulturellen Orten, Initiativen und freien Kulturschaffenden haben wir eine Liste an Maßnahmen zur kulturellen Belebung der Stadt erarbeitet, die wir hier der Öffentlichkeit präsentieren und als konstruktiven Vorschlag an alle demokratischen Parteien im Duisburger Stadtrat richten.
Einige unserer Vorschläge sind Teil des Kulturentwicklungsplans (2016), viele Maßnahmen wurden in den vergangenen Jahren immer wieder auch mit Kulturpolitiker:innen und den vorigen Kulturdezernent:innen diskutiert, konnten jedoch mit Verweis auf die Haushaltssperre lange nicht umgesetzt werden.
Wir sind der Überzeugung, dass Duisburg nach Jahren der Haushaltssperre nun eine große Chance hat, endlich einen echten Schritt zu machen in Richtung nachhaltiger kultureller Belebung der Stadt.
Wir wollen Duisburg echt lebenswert machen!
Mehr Soziokultur aktiviert die Stadtgesellschaft, ermöglicht gleichberechtigte Teilhabe am kulturellen Leben und schafft Zukunftsperspektiven für junge Menschen.
Zehn Maßnahmen zur Förderung der freien Kulturszene, zur Sichtbarmachung der kulturellen Diversität und zur Stärkung der Jugendkultur:
1. Die Projektförderung des Kulturbeirates sollte auf 200.000 € erhöht werden, um auf die wachsende Zahl an Anträgen und Ideen zu reagieren.
2. Eine Strukturförderung für die Etablierung neuer Kultur-Orte und die Finanzierung von Betriebskosten (Raum, Personal) sollte die Projektförderung ergänzen und ebenfalls 200.000€ umfassen. Dieser Fördermechanismus wurde bereits mit dem Kulturentwicklungsplan verabschiedet. Ohne Räume keine Projekte!
3. Mit einem Verfügungsfonds zu Eigenanteilsfinanzierung zu Projekten, deren Finanzierungen beim Land, Bund und/oder EU beantragt werden, sollte eine Unterstützung bereitgestellt werden. Die Akquise solcher Fördermittel durch freie Initiativen, die zwar Ideen und Engagement, nicht aber 10-20 % bare Eigenmittel aufbringen können, wird durch einen kommunalen Eigenanteil überhaupt erst ermöglicht.
4. Die institutionelle Förderung für das Soziokulturelle Zentrum STAPELTOR sollte auf 250.000 € pro Jahr erhöht werden, damit das Stapeltor die stetig wachsenden Nutzungsanfragen bewältigen kann. Das erfolgreiche Projekt braucht dringend Planungssicherheit und echten Handlungsspielraum für den Aufbau des offenen Jugendangebotes. Durch den erhöhten Betriebskostenzuschuss für das verwaltende Personal wird zudem die Einwerbung eines Vielfachen an Projektförderungen ermöglicht.
5. Das Lokal-Harmonie in Duisburg-Ruhrort muss dringend ebenfalls eine institutionelle Förderung erhalten, um seine Betriebskosten zu decken und so unabhängig die zahlreichen künstlerischen und soziokulturellen Produktionen zu realisieren, die das Kulturangebot der Stadt seit mehr als 15 Jahren bereichern. Weiteren Kulturorten soll der Weg in die institutionelle Förderung in Zukunft erleichtert und – auch für bereits institutionell Geförderte – ein Inflationsausgleich grundsätzlich verankert werden.
6. Die beiden großen Festivals der freien Szene, das Platzhirsch Festival und das Fest der Vielen sollen eine jährliche Festbetragsfinanzierung von je 20.000 € erhalten. So wird die Arbeit der größtenteils ehrenamtlichen Arbeit durch Planungssicherheit gewürdigt und der Zugang zu Landes- und Bundesmitteln frei.
7. Für die Entstehung neuer soziokultureller Orte in Leerständen sollen mietfreie Zwischennutzungen für Kulturvereine und Nachbarschafts-Initiativen von der Verwaltung unterstützt und finanziell gefördert werden. Hier dient die erfolgreiche Erprobungsphase bei der Entstehung des Soziokulturellen Zentrums STAPELTOR als Modell – sowohl für temporäre Nutzungen, als auch für die Entstehung neuer Soziokultureller Zentren in den Stadtteilen.
8. Zur besseren Bewerbung des bunten Programms der Duisburger freien Szene sollen im Innenstadtbereich selbst gestaltete und frei verfügbare Plakatwände entstehen, auf denen kostenfrei plakatiert werden kann.
9. Um die Innenstadt nachhaltig zu beleben und die unkommerzielle und kreative Umnutzung von Leerständen und öffentlichem Raum anzuregen, sollte eine enge Zusammenarbeit zwischen Kulturakteur:innen und der Stadtplanung in neuen Formaten der kooperativen Stadtentwicklung aufgebaut werden. Mit der Öffnung von Planungs- und Entscheidungsprozessen sowie der der konkreten Umsetzung von Stadtentwicklungsprojekten durch bürgerschaftliche Initiativen profitiert die Stadt auf vielfältige Weise –- bis hin zum Zugang zu Mitteln der Städtebauförderung.
10. Bei der Verteilung der Fördermittel soll darauf geachtet werden, dass Projekte und Maßnahmen, die zur Repräsentation und Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte, Frauen und queere Menschen, sowie Menschen mit Behinderungen und sozialen Benachteiligungen beitragen, besondere Unterstützung erfahren. Dafür sind Transparenzinitiativen in entsprechenden Communities und direkte Ansprache von Multiplikator:innen sinnvoll.
# Durch die Öffnung der Entscheidungsprozesse für Akteur:innen der Kulturszene schaffen wir Vernetzung und fördern den Aufbau eines nachhaltigen Vertrauensverhältnisses zwischen Kulturschaffenden, Verwaltung und Kulturpolitik.
# Eine gelebte Ermöglichungskultur durch alle Teile der Verwaltung kann eine überregionale Anziehungskraft für kreative und sozial engagierte Menschen entwickeln, von der die gesamte Stadtgesellschaft profitiert.
# Eine dezernatsübergreifende Zusammenarbeit bei der Finanzierung aus den Bereichen Jugend, Stadtplanung und Soziales könnte im Bereich Soziokultur den Kulturetat entlasten.
# Die Soziokultur erfüllt in all ihrer Vielfalt gleich mehrere gesellschaftliche Zwecke. Sie schafft Zukunftsperspektiven, macht Demokratie erlebbar, sorgt für transkulturellen Austausch, ergänzt Bildungsangebote und wirkt präventiv gegen Diskriminierung.
# Jeder weitere soziokulturelle Ort ist ein Gewinn für die Stadt.
Zur Finanzierbarkeit:
– Das Geld ist da!
Es soll uns keiner mit dem Argument kommen, es gäbe kein Geld. Die Hochkultur wurde auch in Jahren der Haushaltssperre üppig gefördert, das soll von uns aus gerne so bleiben.
– Es lohnt sich!
Mit jedem Euro Förderung für soziokulturelle Projekte werden im Schnitt 2-3 Euro weitere Projektmittel in die Stadt geholt. Jeder Euro ist eine Investition in ihre Zukunft.
– Wir sind es wert!
Die freie Kulturszene einer Großstadt leistet durch viel unbezahlte Arbeit oft mehr als 50% des kulturellen Angebotes und bekommt dafür oft weniger als 5% der Kulturförderung. Mehr als 10 Millionen € pro Jahr für die Deutsche Oper am Rhein, mehr als 10 Millionen € pro Jahr für die Philharmoniker. Da muss doch eine Million für die Soziokultur drin sein!